Spreewaldkrimi II: Der Tote im Spreewald

TV Movie für ZDF im Auftrag der ASPEKT Telefilm

Premiere

am 29. Juni 2009 auf dem FILMFEST MÜNCHEN

Erstausstrahlung ZDF

26. Oktober 2009 als "Fernsehfilm der Woche"

Regie

Christian von Castelberg

Kamera

Martin Farkas

Produzent

Wolfgang Esser / Aspekt Telefilm

Redaktion

Pit Rampelt

mit

Nadja Uhl, Christian Redl, Hinnerk Schönemann, Anne Ratte-Polle, Hermann Beyer, Steffi Kühnert, Thorsten Merten, Claudia Geisler, Ivan Shvedoff, Anja Schneider, Niels Bruno Schmidt, Katja Studt, Valentin Platareanu, Fritz Roth, Christoph Tomanek, Henrik Arnst, Lutz Blochberger, Klaus Nothnagel, Michael Bialecki u.a. 

 

Ty sy mojo swetlo, - Du bist mein Licht,
Moj zen po samnej nocy, - mein Tag nach dunkler Nacht,
W kotarejz wody zaklese, - in der die Wasser Fluch,
Do nasych dusow tkaju... - in unsre Seelen webten..."

Musik: Ulrich Reuter, Szenenbild: Thilo Mengler, Kostüm: Anne-Gret Oehme, Schnitt: Dagmar Lichius, Casting: Tina Böckenhauer, Ton: Frank Ahrens, Ton-Mischung: Rolf Krause, Music Supervisor: Hanjörg Kohli, Regie-Assitenz: Sabine Weyrich, Continuity: Falk Schwabe, Kamera-Assistenz: Yvonne Geiler, 2nd Unit Kamera: Christoph Schobert, Visual Effects: Nhat Quang Tran, Schnittassistenz: Grit Meyer, Maske: Gisela Trescher, Iris Müther, Garderobe: Clara-Maria Oehme, Elisabeth Kesten, Requisite: Sebastian Wurm, Till Sennhenn, Aufnahmeleitung: Jan Enderlein, Marco Kossinna, Produktionsleitung: Sabine Schild

NOMINIERUNGEN:

DEUTSCHER FERNSEHPREIS 2010:
"Beste Schauspielerin" -Nadja Uhl

PRESSE

TV SPIELFILM, TIPP DES TAGES: "Feinnerviger Winterkrimi... Die traumhaft-triste Spree-Landschaft bietet die einzigartige Seelenkulisse für ein brillant besetztes Drama, dessen Vielschichtigkeit sich erst im Rückblick zeigt. Damit setzt Autor Thomas Kirchner seinen Edelkrimi "Das Geheimnis im Moor" (2006) als Geschichte von Umbruch und Abschiednehmen fort ..."

TV MOVIE, TAGESTIPP: "Klasse gespielt - geht unter die Haut!... Krimi aus der Feder von Thomas Kirchner... Die vielschichtige Story wird mithilfe kunstvoll eigebauter Rückblenden erzählt, was anfangs etwas verwirrt, später aber umso mehr fesselt ..."

TV DIREKT: "Figurenstark und düster-geheimnisvoll - Schaurige Bilder: Mord im Milieu von stakenden Fährleuten, Sorben und illegalen polnischen Pelztierjägern."

STERN TV MAGAZIN: "...meisterhaft inszenierter Krimi, Sternstunde des öffentlich-rechtlichen Fernsehens..."

BILD + FUNK: "Beeindruckender Krimi" (Top-Tipp)

TV DIREKT: "Figurenstark und düster-geheimnisvoll" (Tages-Tipp)

HÖRZU: "Eiskalter Totentanz in magischen Bildern" (Film-Tipp)

TV HUS:: "Vielschichtiges Drama mit kunstvollen Rückblenden" (Top-Spielfilm)

FUNKUHR: "Erstklassig gespieltes Drama" (Top-Tipp)

rtv: "Krimidrama mit hypnotischer Kraft" (Titelstory)

TIP (BERLIN): "Ein TV-Erlebnis mit Tiefgang....klug und menschlich." (Titelstory)

GONG: "Hochemotionales, vielschichtiges Drama" (Top-Tipp)

RAINER TITTELBACH

NADJA UHL IM ULTIMATIVEN HERBSTFILM. ALLES KREIST UM DAS THEMA ABSCHIEDNEHMEN

Im winterlichen Spreewald wird eine Leiche aus dem Eis geborgen. Der Tote, Daniel Bartko, ist nicht in ein Schlageisen getreten und ins Vlies gefallen, wie zunächst angenommen, das Schlageisen wurde ihm nachträglich angelegt: der Mann ist ertränkt worden. Also macht sich Kommissar Krüger auf die Suche nach dem Mörder. Der Spreewald gibt den Rhythmus der Ermittlungen vor. Mit dem Motorboot tuckert er durch die Kanäle und die eigene Vergangenheit, denn die Frau des Toten und ihr Schicksal reißen in ihm alte Wunden auf.

„Der Tote im Spreewald“ beginnt wie ein Krimi, doch die Rätsel, die einem der Film nach dem ungewöhnlich dichten Drehbuch von Thomas Kirchner aufgibt, sind andere als die, die um die Mödersuche kreisen. Die menschlichen Dramen überdecken den Krimi wie der Schnee die Landschaft des Spreewaldes und sie verdichten sich zu einer Allegorie auf die Zeit nach der Wende. Erzählt wird von der jungen Liebe, die der Realität in der strukturschwachen Region nicht standhalten konnte. Hinzu kamen die Probleme mit den Eltern. Denn Bartko war Sorbe und die Tankmanns, die Familie seiner Frau Tanja, kamen als Neubauern in die Lausitz. „Wer hat den Fluch über unser Leben gelegt?“, fragt sich Bartko im Trennungsbrief. Mit einer neuen Frau wollte der Ermordete das Glück endlich zwingen. „Das Ringen zwischen Bewahren und immer währendem Neuanfang“ war für Kirchner der Antrieb der Geschichte.

Der Winter als Handlungszeit erweitert die Metaphorik: Es geht um emotionales Vereist-Sein und um zaghafte Versuche des Auftauens. Die Gefühle zielen ins Große und Ganze: „Verlassenwerden ist wie Versteinern; wem nicht die Gabe gegeben ist zu töten, dem bleibt nur das Sterben“, sagt die junge Witwe Tanja und deutet gleich zu Beginn an, wessen Geistes Kind sie ist. Ein solcher Satz, bedeutungsvolle Situationen, wie die zwischen ihr und dem sehnsüchtig melancholischen Kommissar, können in Fernsehfilmen schnell unangemessen tiefsinnig werden. Doch Regisseur Christian von Castelberg und Kameramann Martin Farkas ziehen am selben Strang wie der Autor. Mit den Mitteln der Entschleunigung, einer glasklaren, mitunter bizarren Optik, mit viel Poesie in den Worten komponieren sie ein filmisches Gesamtkunstwerk: eine Ode an die Einsamkeit.

Der Film hält eine geradezu magische Spannung zwischen Realismus und Ästhetisierung. Das Blau von Nadja Uhls Augen korrespondiert mit der bläulichgrauen Winter-Szenerie. Frühling, Sommer, Licht stehen für die Momente des Glücks. Solche klaren, sinnlichen Zuschreibungen machen es möglich, dass sich „Der Tote im Spreewald“ eine komplexe Erzählstruktur leisten kann. Nach dem Auffinden der Leiche, sieht man den Toten an der Schreibmaschine sitzen. Parallel zur aktuellen Handlung schreibt er als Erzähler seinen Weg bis zum Tag der Tat fort. Die Stärke der Erinnerung ist mehr als eine Erzähltechnik, die den Wechsel der Zeiten Atmosphäre stiftend einsetzt. Die Fixierung auf die übermächtige Vergangenheit, die durch ein Geflecht von Rückblenden visualisiert wird, ist auch ein Wesensmerkmal der Hauptfiguren. Vor allem die innerlich zerrissene Tanja, die zwei Mal von ihrem Mann verlassen wird, einmal seelisch, einmal physisch, lebt im Gestern. Uhl: „Sie hüllt sich in einen Kokon, um nicht mehr verletzlich zu sein. Mit ihrer Liebe ist sie in eine Art Winterschlaf verfallen.“

zum Artikel: www.tittelbach.tv


JOSEF SEITZ / FOCUS

GURKEN NUR IN DER NEBENROLLE

Bei all den Kochshows und Supertalenten und TV-Testern kann man als Zuschauer schon mal vergessen, dass Fernsehen auch gut sein kann. Richtig gut, wie der Krimi „Der Tote im Spreewald“.

Halt. Ganz ruhig. Erst einmal durchatmen, bitte. Tut das gut? Es tut gut. „Die meisten Menschen jagen der Zeit hinterher und verfluchen sie. Für mich ist sie eine Verbündete.“ Es ist der außergewöhnliche Kommissar Krüger (Christian Redl), der diesen Satz sagt. Und es ist der außergewöhnliche ZDF-Krimi „Der Tote im Spreewald“, in dem dieser außergewöhnliche Satz gesagt wird.

Ein Krimi, in dem Action nur ist, wenn Kähne still über die Fließe gleiten und wenn sich der Nutria mit einem leisen Platsch ins Wasser flüchtet. Sonst? Sonst findet die Bewegung einzig im Kopf statt. Und das ist in Zeiten, wo nicht nur der Zeit ohne Sinn und Verstand hinterhergejagt wird, sondern im Fernsehen auch den Verbrechern, ganz sicher eines: ein Zeichen für Qualität.

Das Werk des Teufels

„Der Spreewald ist das misslungene Werk des Teufels, ein Werk der Ungeduld“, rezitiert Daniel Bartko (Hinnerk Schönemann). In Rückblenden wird der erschlagene Fährmann immer wieder lebendig. Dann tippt er einen Abschiedsbrief ins Notebook, wo er seiner schwangeren Frau (überzeugend: Nadja Uhl) seinen „kalten Abschied“ erklärt. Noch versucht er zu rechtfertigen, warum er mit der polnischen Freundin einen Neuanfang in Australien sucht. Da findet ihn schon die Polizei in einem zugefrorenen Seitenarm der Wasserstraßen. Und zwei Beamte wetten, ob der dritte Kollege, der die Leiche herausziehen soll, ins Eis einbricht. Ja, er bricht ein. Fünf Euro für den Gewinner. Ein wirklich kalter Abschied für den Toten, der sich den Abschied in aller Kälte zu Lebzeiten doch ganz anders vorgestellt hatte.

Verblühte Landschaften

Im Spreewald, in der Schönheit seiner Spiegelungen, blühen zum deutsch-deutschen Jubiläum die Landschaften nur in zerborstenen Träumen. Daniel ist schon als Sorbe die geborene Minderheit. Er hat es zum Ingenieur des Bergbaus gebracht, doch das zu einer Zeit, als der Bergbau keine Ingenieure mehr brauchte. Er war beim Cargolifter, doch vom Gütertransport per Luftschiff oder Ballon ist nicht mehr geblieben als heiße Luft. Er war beim Lausitz-Ring, und das große Rad, das hier gedreht werden sollte, kommt nicht richtig auf Touren. Die blühenden Träume sind verblüht mit den blühenden Landschaften, die der DDR versprochen waren. Es bleibt der Spreewald. Doch auch als Fährmann scheitert Daniel. Das Opfer ist ein Rundum-Opfer. Am Ende liegt er im eisigen Wasser, erschlagen vom eigenen Schwiegervater.

Wein zu Fisch und Frau

Den Weg der Tätersuche vom Mordopfer zum Mörder schmückt die Kamera mit viel Dunkel. Mit üppiger Unschärfe und reichlich Spreewald-Spiegelung im Teufelsgewässer. Und die Geschichte gönnt sich Ungewohntes, wenn ein Sofa im Zeitraffer verfällt. Oder wenn der Tote durchs Verhör streicht, während der Kommissar die Frau des Opfers vernimmt. Kunstvoll wird das Surreale aufgefangen, wenn die Witwe konstatiert: „Ich glaub’, ich verliere den Verstand.“ Der bekannteste Prominente der Region, die Spreewald-Gurke, kommt übrigens auch vor, in einer Gastrolle. Da sitzt Kommissar Krüger beim Single-Abendessen mit Bier und Brotzeit auf Brettchen. Und die Erinnerung spiegelt kurz die bessere Zeit ein, eine Zeit mit Wein zu Fisch und Frau.

„Für mich ist die Zeit eine Verbündete?“ Kunststück bei so einem Kunstwerk, einem gelungenen Werk der Geduld. 90 Minuten genussvoll durchatmen. Was mehr kann Fernsehen leisten?

zum Artikel: www.focus.de